Dr. Eva Kell

Didaktischer Vorschlag zur Kriegsgräberstätte Lebach als Lernort

Der Vorschlag umfasst einen emotionalen Zugang, forschend-entdeckendes Lernen ebenso wie Problemorientierung. Schülerorientierung findet sich in kreativen Teilen sowie in der Mitwirkung an der Gestaltung des Ortes. Das Lernen ist außerdem auf verschiedene Anforderungsbereiche ausgerichtet, bietet Ansätze zur Gruppen-, Partner- und Plenumsarbeit und  gibt Möglichkeiten zum Perspektivwechsel bis hin zur Multiperspektivität.

Wichtig ist, dass der Lernprozess ausschließlich auf am Ort selbst vorliegenden oder abrufbaren Medien und Materialien aufgebaut ist. Dennoch braucht die Begehung der Kriegsgräberstätte eine Vor- und Nachbereitung im Unterricht, die an die Fächer Religion,  Ethik, Geschichte, Politik, Deutsch angeschlossen werden kann.

 

1. Erkundungsphase (Einzelarbeit, Plenum)

Die Schülerinnen und Schüler (im Folgenden SuS abgekürzt) begehen den Ort einzeln und still für 5 bis 7 Minuten.

Sie achten auf alle Sinne, ihre Gefühle und Eindrücke, die Atmosphäre des Ortes und auf ihre Assoziationen, aufkommende Fragen

Anschließend äußern sie im Plenum diese Eindrücke entweder spontan oder im „Blitzlicht“.

2. Fragen an den Lernort: Der Friedhof – alles begraben und vergessen? (Partnerarbeit, Plenum)

Es findet erneut eine kurze Begehung statt, diesmal in Partnerarbeit.

Fragestellung: Trotz der Endgültigkeit des Todes ist dieser Friedhof ein rätselhafter Ort. Stellt während Eurer zweiten Begehung Fragen an die Stätte, wie sie ein Forscher (Historiker, Archäologe, Kriminalist) stellen würde. Eure ersten (Sinnes-)Eindrücke helfen Euch dabei.

Die Fragen der SuS werden anschließend je Frage mit Edding auf je einem Din A 4-Blatt gesammelt und geordnet ausgelegt, so dass sich ein Plakat ergibt (Kieselsteine zum Beschweren mitbringen). Darunter sind auch zwei Fragen, welche die Lehrperson stellt.

Anschließend wird beraten: Welche der Fragen können wir hier am Ort bearbeiten, auf welche Weise, mit welchem Material. 

Die Lehrperson erklärt, welche Materialien zur Verfügung stehen: Friedhofsplan mit Gräberliste und QR-Code zu allgemeinen Informationen: Daten zum Friedhof,  zur Bombardierung von Lebach, historische Fotos, Zeitungsberichte, Wehrmachtsdienstgrade und ihre Aufgaben, Begriffserklärungen, z. B. Zwangsarbeiter, Lage des Lebacher Zwangsarbeiterlagers, Darstellungstext zu den Lebacher Zwangsarbeitern, Flakhelfer; QR-Codes zu Einzelschicksalen, die Inschriften auf den Gräbern, die Gestaltung des Ortes, die heutige (und damalige – Fotos) Umgebung und Nutzung der Kriegsgräberstätte. Hier sind auch Links möglich, etwa zu der Website des Historischen Vereins Lebach.

 

3. Nachforschung (Gruppenarbeit mit Präsentation für das Plenum) Vorschläge!!

Mögliche Arbeitsaufträge: Die Fragen sollten denen entsprechen, die auf dem Plakat gesammelt sind. Hier ist Flexibilität der Lehrkraft erforderlich. Es können aber auch vorbereitete Fragekomplexe erarbeitet werden, die sich auf erwartbare Fragen stützen bzw. auf solche, die die Lehrkraft eingebracht hat.

Frage: Wer sind die Menschen, die hier liegen?

  1. Schaut Euch den Friedhofsplan an und ermittelt die Zahl der Gräber und dann die tatsächliche Zahl der Toten, indem Ihr die einzelnen Bestattungsfelder untersucht. Ordnet die Bestatteten verschiedenen Personengruppen zu.

  2. Sucht zu jeder Gruppe zwei konkrete Beispiele und analysiert die Daten der Grabinschrift. Warum sind diese Informationen festgehalten worden?

  3.  Untersucht das Gräberfeld nach Alter und Geschlecht der Toten. Bestimmt den/die Jüngste/n und den /die älteste/n Bestatteten. Warum ist das Ergebnis unvollständig?

  4.  Gilt für alle Gruppen! Überlegt, wie Ihr dem Plenum/der Klasse Eure Ergebnisse präsentiert. Diskutiert die beste Methode.

Militärlaufbahn Emil Hammel

 

Flieger-Ausbildungs-Regiment 22 Flieger-Regiment 22

 

Das Regiment wurde am 1. April 1939 in Güstrow aus der Fliegerschule Neustadt Glewe aufgestellt und im November 1941 in Flieger-Regiment 22 umbenannt. 1941 wurde es nach Gent verlegt. Im September 1944 wurde es aufgelöst und zur Aufstellung einer Fallschirmjäger-Division verwandt.

Eintritt Emil Hammels: am 02.12.1942 1./Flieger-Regiment 22 (Standort Gent/Belgien)

Eintritt Emil Hammels: am 09.12.1944 8./Grenadier-Regiment 59 

Unterstellt: 19. Grenadier-Division (später 19. Volks-Grenadier-Division)

Einsatzort: Saarpfalz                                  

Dienstgrad: Obergefreiter

 

Die 19. Volksgrenadier-Division entstand am 9. Oktober 1944 aus der 19. Grenadier-Division. Nach der Aufstellung wurde sie im Eiltransport zur 1. Armee in die Saarpfalz verlegt, wo sie südlich von Wasserbillig an der Mosel zum Einsatz kam. Hier verblieb die Division bis März 1945. Am 26. März 1945 bekam der Kommandeur, Generalmajor Karl Britzelmayr, der 19. VGD in Waldangelloch den Befehl zur Auflösung der Division. Die durch die vorausgegangenen Kämpfe wenig geschwächten und noch voll einsatzfähigen Einheiten des Versorgungsregiments der Division wurden geschlossen vom XIII. SS-AK übernommen und sollten als Versorgungseinrichtung des Korps für alle unterstellten Einheiten Verwendung finden. Die übrig gebliebenen Infanterie-Teile unter dem Regiments-Stab Grenadier-Regiment 74 wurden mit den vorhandenen Teilen der Panzerjäger-Abt. und Teilen der Nachrichten-Abt. zu einer Kampfgruppe zusammengefasst und an die 2. Geb.-Div. übergeben.

 

 Datum

Armeekorps

Armee

Heeresgruppe

Ort

September

LXXXII

1. Armee

G

Saarpfalz

 

Am 9.12.1944 Bauchschuß – Abgang zum Hauptverbandsplatz der Sanitätskompanie 119 (19. Grenadier-Division).

Am 10.12.1944 verstorben (Grablage: Friedhof/Lebach/Saar)Notiert Euch Kürzel zum militärischen Rang der Gefallenen. Fertigt eine Strichlist nach Häufigkeit an. Informiert Euch über den QR-Code der Infotafel über die Ränge und ihre Aufgabe/Einsätze.

Frage: Viele der Bestatteten sind Soldaten oder Militärangehörige gewesen.

Welche Funktion/Aufgaben hatten sie im Krieg und wie/wann sind sie gestorben?

 

  1. Überlegt, warum manche Ränge besonders häufig, besonders selten oder gar nicht auf der Kriegsgräberstätte vertreten sind.

  2.  Erschließt das Leben und den militärischen Werdegang von zwei der Gefallenen. Überlegt anschließend, welche persönliche Grabinschrift Ihr diesen Personen geben würdet (max. 144 Zeichen). Begründet  und notiert diese.

  3.  Wie oben.

Frage: Warum liegen hier Zwangsarbeiter, teils im Massengrab?

Serbische Zwangsarbeiter der Röchling-Werke Völklingen, 1942

  1. Informiert Euch per QR-Code auf der Infotafel über den Einsatz von Zwangsarbeitern im NS-Regime –kann auch in die Vorbereitung – bzw. über die Situation der Zwangsarbeiter in und um Lebach.

  2. Erfasst die Informationen zu Anzahl, Alter, Geschlecht der hier bestatteten Zwangsarbeiter. Warum starben manche erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg. Warum gibt es die Massengräber und warum  Gräber ohne Namen, warum Kinder? Stellt begründete Vermutungen an.

  3.  Erkundet das Schicksal eines/r Zwangsarbeiter/in. Überlegt anschließend, wie ihre Familie weit weg ihrer Gedenken könnte.

  4.  Nehmt Stellung dazu, warum auf dem damals „Ehrenfriedhof“ genannten Teil des Lebacher Friedhofs Zwangsarbeiter, Bombenopfer (lokalisieren!) und Soldaten beerdigt wurden. Bezieht dabei die Anlage als solche in Eure Überlegungen mit ein (historische Fotos???)

  5.  Wie oben.

 

 

 

Saarzeitung, Saarlouis März 1941

Frage: Welchen Stellenwert hat die Kriegsgräberstätte für Lebach und seine Bürger seit 1945? (Diese Frage richtet sich an SuS mit fachlichen und analytischen Stärken. Insofern kann bei der Gruppeneinteilung hier eine Binnendifferenzierung vorgenommen werden.)

 

  1. Benennt die gestalterischen Elemente, die die Kriegsgräberstätte vom anderen Teil des Friedhofs unterscheidet und die nach dem Krieg zu der Bezeichnung „Ehrenfriedhof“ führten.
  2. Bewertet jeweils die Wirkung der gefundenen Elemente und ihren Beitrag zur Konzeption eines „Ehrenfriedhofs“. Bewertet auch die historischen Begriffe „Heldenfriedhof“ und „Ehrenfriedhof“ im Kontrast zur heutigen Bezeichnung als Kriegsgräberstätte.
  3. Recherchiert zum Begriff „Volkstrauertag“ und der Bedeutung von Kriegsgräberstätten an diesem Tag – kann auch in die Vorbereitung.
  4. Untersucht, wie sich der Friedhof der Stadt und das Ehrengräberfeld samt seiner Umgebung verändert haben könnte (Neue Bauten, Pflegezustand, Denkmäler, Umgebung der Stadt Lebach).
  5. Wie oben

 

Mögliche Zusatzaufgaben:

  • Entwerft ein Denkmal für die bestatteten Zwangsarbeiter und begründet Eure Gestaltung.
  • Gestaltet den Plan für eine Gedenkfeier am Volkstrauertag.
  • Überlegt, welches Zeichen ihr an diesem Ort hinterlassen wollt und wofür es stehen soll.
  • Notiert vier Gründe, warum es sinnvoll ist, diesen Ort zu besuchen.

Saarzeitung, Saarlouis September 1941

4. Präsentation und Reflexion

 

Die Arbeitsgruppen präsentieren dem Plenum ihre Ergebnisse möglichst dort, wo sie recherchiert haben oder ihre biographischen Beispiele gefunden haben. Anschließend wird mittels des Plakats diskutiert, welche Fragen beantwortet werden konnten, welche nicht und warum. Besonders wichtige Fragen werden für eine Recherche in der Nachbereitung ausgewählt.

 

Eine Reflexion – gegebenenfalls in der Nachbereitung, könnte auch folgende Impulse aufgreifen:

  • Ist eine Kriegsgräberstätte heute noch zeitgemäß?
  • Wo liegen die Gefallenen der Bundeswehr heute und warum?
  • Wer sollte heutzutage auf einem Ehrenfriedhof bestattet werden?
  • Sollten alle Gefallenen auf einen zentralen Ehrenfriedhof? Das spart Kosten und es könnte eine zentrale Feier dort geben.

Vorbereitung: 

  • Vorkenntnisse zum NS-Regime und zum Zweiten Weltkrieg
  • Reflexion zum Totenkult/Friedhof generell  
  • Achtsamkeit vor den persönlichen Hintergründen der Schülerinnen und Schüler (vorher abklären, ob SuS vor kurzem von Todesfall betroffen oder Kriegserlebnisse zu verarbeiten haben – Migranten!)
  • Verhalten/Respekt dort hinterfragen

 

Ideen:

  • Plakat an der Bestattungshalle mit Beiträgen der SuS – jährlich wechselnd – oder Plakat zu einem/r der dort Bestatteten
  • Graffiti- Kunst an der Rückseite der Bestattungshalle
  • Transparentfenster des BBZ von SuS gestaltet
  • Idee: Stadtrundgang zum Thema NS-Regime: Stolpersteine, Kaserne, Zwangsarbeiterlager, Kriegsgräberstätte („Ehrenfriedhof“)
  • Projekt: Kaserne/Reservelazarett/UNRRA Lager mit Arrestzellen für Zwangsarbeiter einbinden (siehe Fotos)

Gefängniszellen der Kriegsgefangenen und Unterkunft der Zwangsarbeiter ab 1941 (heute Keller des Johannes-Kepler-Gymnasiums in Lebach)