Kriegszerstörungen 1944/45, vor allem in der Dillinger und Jabacher Straße

von Hildegard Bayer

 

Schwere Bombenangriffe fanden am 9. Dezember 1944 und 14. Februar 1945 statt. Am 9.12.44 um 11.00 Uhr flogen mittelschwere Bomber das Ziel Lebach an und setzten von der Seiters (Jabacher und Dillinger Straße) über die Flur Weinheck bis zum Wünschberg einen Bombenteppich ab. Viele Häuser wurden total zerstört, z.B. die Häuser Peter Arweiler und Paul Söll am Wünschberg, das Gasthaus Schütz in der Pickardstraße und das Haus Jenal in der Jabacher Straße. Maria Jenal (34) kam ums Leben. Vor dem Gasthaus Schütz starb Ludwig Lonsdorfer aus Saarlouis (51), auf dem Wünschberg kamen Peter Tieck, seine neunjährige Tochter Anna Maria und Robert Ney (51) aus Dillingen ums Leben, Johann Fries (60) verstarb am Abend im Feldlazarett. Die Sprengbomben trafen die noch im Bau befindlichen Kasernen am Anfang der Dillinger Straße, durchschlugen Etagendecken und hinterließen etliche Bombentrichter.

Bei diesem taktischen Angriff wurde das eigentliche Ziel, die Bahnanlagen, um etwa 200 m verfehlt. Durch den Angriff vom 14.2.45 auf den Bahnhof kam es besonders zu schweren Zerstörungen in der Dillinger und Jabacher Straße. Josef Schöner (62) und drei Insassen der Kasernenbauleitung, Angela Calderini (39), Jean Leon Rey (22) und der Ostarbeiter Dimitri Snitschenko (20) starben. An diesem Tag wurde auch das Haus Kullmann getroffen. Ida Pluschkell erinnert sich: ,, Zwei Bomben schlugen in das Tannenwäldchen zwischen unserem Haus und dem Eisenbahnerhaus ein. Durch den Druck wurde das Haus total zerstört, die Trümmer lagen auch auf der Straße. Später haben uns die Leute erzählt, dass die Tannen am Eisenbahnerhaus vorbei und bis zur Dillinger Straße geflogen waren. Es roch tagelang nach Tannen. Zum Glück war niemand zu Hause. Meine Eltern mussten nämlich ihre Bahnfahrt

nach Lebach in Eppelborn abbrechen, weil kein Zug mehr fuhr. Familie Meinhard in Neububach nahm meine Eltern auf. Mein Vater musste als Oberlokführer am Ort bleiben". Herr Kullmann verunglückte am 4.4.45 durch einen amerikanischen Lastkraftwagen tödlich, als er mit dem Fahrrad auf dem Weg zum zerstörten Haus war, um noch etwas Brauchbares zu finden. Gegen Kriegsende gab es ständig Angriffe, die Menschen kamen nicht zur Ruhe. Ein Feldpostbrief des im Februar 45 gefallenen Hugo Herrmanny vom 22 .1.45 erwähnt die Zerstörung des Hauses Nikolaus Jungmann: ,, Eben erhielt ich einen Brief von Frau Sachs . Darin

teilte sie mir mit, dass das Haus Jungmann am Heiligabend vollkommen zerstört wurde" .

Nach Auskunft von Auguste Riehm wurde das Haus ihrer Familie zum gleichen Zeitpunkt stark beschädigt. In einem Telegramm schrieb Emmi Rauhoff am 31.12.44 an die im Odenwald evakuierte Familie Nikolaus Groß: ,, Wohnung bombengeschädigt, Euer Kommen erwünscht".

Das Telegramm kam am 8.1.45 an und betrifft die Zerstörung des Hauses Thielgen am 30.12.44. In der Nacht vom 17. zum 18.3.45 wurde das Haus des Lokführers Jakob Junk in der Mottener Straße als einziges Haus in der Straße durch einen Luftangriff völlig zerstört.

Hanna Geisler stellt fest: ,, Mein Vater starb im Mai 1945, er hat sich von den schrecklichen Erlebnissen nicht mehr erholt".

Total zerstört waren am Ende des Zweiten Weltkrieges: In der Dillinger Straße: rechte Seite: Baldes Bernhard; Schwinn Jakob; Freichel Jakob; Simon Josef; Hoff Josef; Graf Josef; linke Seite: Becker Alfons; Thielgen Jakob; Schmitt Nikolaus; Lehnert Johann; in der Jabacher

Straße : rechte Seite: Backhaus von Spaniol Fritz; Brendel Josef; Fuchs Georg; Müller Elisabeth, geb . Kasper, später Frau Trenz; Irsch Paul; Jost Nikolaus; Kettenhafen Josef; Alt Nikolaus; Jungmann Friedrich; Hermann Johann; Michel Johann; Irsch Ludwig; Rau Ludwig; Pütz Johann; Kullmann Wilhelm; linke Seite: Jenal Alois; Sträßer Baptist; Riehm Willi, Baumhardt Karl; Britz Fritz; Mees Toni; Fuchs Peter; Horst Johann; Schöner Jakob; Schöner Josef; Loew Josef; Jungmann Nikolaus. Etwa 50 Häuser in den beiden Straßen waren schwer beschädigt.

Martha Teichert erinnert sich: ,,Das Dach war stark zerstört, es regnete hinein; wir nahmen Linoleum vom Fußboden zum Abdichten". Josef Willich spricht von „Bombenlöchern in den Straßen und an den Gleisen. Schienenteile wurden herausgerissen und flogen bis zur Dillinger Straße". Die drei Eisenbahnerhäuser waren leicht beschädigt. Der Ortsteil Jabach blieb vor Zerstörungen verschont. Die heimkehrenden Angehörigen von Familie Kullmann erfuhren viel später von den tragischen Ereignissen . Ähnliches Leid widerfuhr vielen Menschen. Erschüttert durch den Tod der Angehörigen standen sie materiell vor dem Nichts. Froh waren alle, dass sie nach vielen Gefahren zu Hause angelangt waren, so z. B. Gisela Johann, die 17jährig als Flak-Helferin in Friedrichshafen Scheinwerferanlagen bedienen musste, in ständiger Angst vor Bombenangriffen . Wie sie waren noch weitere 19 Lebacherinnen als Nachrichten- und Flakhelferinnen usw. tätig. Nach Kriegsende begab sie sich zu Fuß auf den Heimweg.

Die Aussicht auf zu Hause mobilisierte trotz Hunger und Erschöpfung alle körperlichen Kräfte. Gemeinsam wurde ein neuer Anfang gemacht.

 

Am 9. Dezember 1944 griffen taktische Bomber im Formationsflug Lebach als wichtigen Verkehrsknotenpunkt und Nachschubplatz an. Sie zielten auf die Bahnanlagen und Hauptstraßen, wegen der tiefen Wolkendecke trafen sie die Häuser in der Seilers, die

Rohbauten der heutigen Graf Haeseler Kaserne, den Kreuzungsbereich Scherer sowie den Westhang des Wünschberges. Auf der Luftaufnahme von 1952 sind die Vertiefungen noch zu erkennen, welche die Bomben in den Boden der Weinheckflur und in das

Mauerwerk gerissen haben. Genau hier wurden beim Kasernenbau die Fundamente der römischen Villa Weinheck 1937/38 ausgegraben. 2000 Jahre Siedlungsgeschichte begegneten sich hier.

(Klaus Altmeyer)