Menschlichkeit in Kriegszeiten
Fremdarbeiter Wasil DYMIYDIW
Im »Pietenhaus« (ehemaliges Anwesen der Familie Franz Scherer in der Saarbrücker Straße 12 in Lebach) befand sich im Zweiten Weltkrieg der aus Russland deportierte Fremdarbeiter Wasil DYMYDIW. Diesem wurden nicht nur Familienanschluss gewährt, sondern auch menschliche Gefühle und Solidarität entgegengebracht. Das Verhalten der Familie Scherer war nach allen Regeln der nationalistischen Gewaltherrschaft streng verboten. Darüber setzte man sich aber aus Gründen der Menschlichkeit hinweg. Nach Kriegsende kehrte Wasil nicht nach Russland zurück, weil er Repressalien durch das stalinistische Regime befürchtete. Dieses warf Heimkehrern wegen ihres unfreiwilligen Aufenthaltes in Deutschland Kollaboration mit dem Feind und Spionage vor. In Russland drohte ihnen die Verbannung nach Sibirien in ein russisches Gefangenenlager (Gulag). So blieb Wasil bei Familie Scherer und arbeitete dort im landwirtschaftlichen Betrieb weiter mit. Er liebte Pferde und kümmerte sich rund um die Uhr um sie. Er war freundlich, lebte aber sehr zurückgezogen und genügsam. Als die Familie Franz Scherer ihren Betrieb aufgab, fand er eine neue Heimat bei Paul Scherer, dem Bruder von Franz. Dort lebte er unverheiratet bis zu seinem Tod 1979. Er wurde im Familiengrab der Familie Paul Scherer beigesetzt. Eine Gedenktafel erinnert heute an ihn.
Quelle: Historischer Kalender August 2018